Freiheit bei Joachim Gauck und im NT

Die Freiheit als Bürger unseres Landes und die Freiheit als Nachfolger Christi
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Vier evangelische Theologen wurden bei der Suche nach einem geeigneten Kandidaten für die Nachfolge von Bundespräsident Christian Wulff genannt: Joachim Gauck, Margot Kässmann, Katrin Göring-Eckhardt und Wolfgang  Huber. Bei der Wahl zum Bundespräsidenten am 18.03.2012 trat Joachim Gauck zum zweiten Mal an und gewann. Der ehemalige evangelische Pfarrer aus Rostock und der bekannte Bürgerrechtler aus der DDR hat nun das höchste Amt in der Bundesrepublik Deutschland inne. Ich habe einen großen Respekt vor der Unerschrockenheit, mit der Gauck in der zu Ende gehenden DDR aufgetreten ist, neben vielen anderen. Es ist ein großartiges Geschenk Gottes, dass es 1989 zur Öffnung der Mauer und des Eisernen Vorhangs gekommen ist. Gauck gehört zu den Männern und Frauen, die mutig und zuversichtlich bei den Montagsgebeten in der DDR voran gegangen sind. Ich bin auch von der Art und Weise beeindruckt, wie er die Behörde zur Aufarbeitung der Stasi-Akten geleitet hat, und von der Art und Weise, wie er jetzt in seinem neuen Amt Dinge beim Namen zu nennen wagt. Ich erwarte von ihm noch manches freimütige und wegweisende Wort für unser Land und seinen Weg in die Zukunft.

Aber schon bei dem, was ich anlässlich seiner ersten Kandidatur im Jahre 2010 von Gauck gelesen und gehört habe, kam mir die Frage: Wie denkt Joachim Gauck über „Freiheit“. So ließ ich mir sein Buch „Winter im Sommer – Frühling im Herbst“ schenken. Tatsächlich heißt die Überschrift des letzten Kapitels in diesem Buch: „Freiheit, die ich meine“ (Max von Schenkendorf). Das ist offensichtlich für Gauck ein Leitbegriff. Inzwischen steht ja auch das kleine Büchlein mit dem Titel „Freiheit“ auf den Bestsellerlisten.

Hier in diesem Kapitel erzählt er, wie jemand ihn interviewt und dabei herausfinden will, was ihn, diesen Pastor, diesen Bürgerrechtler treibt. Und dann denkt Gauck laut nach, redet und lässt so in sein Innerstes hinein schauen: „Wo ich jetzt lebe, möchte ich sein, aber ich kann immerfort auch gehen. Wo ich jetzt lebe, habe ich Grundrechte, garantiert durch die Verfassung: Gewissensfreiheit, Glaubensfreiheit, Meinungsfreiheit, die Freiheit der Berufswahl, Versammlungsfreiheit, Forschungs- und Veröffentlichungsfreiheit. Wo ich jetzt lebe, gründen Menschen von sich aus Vereine, Bürgerinitiativen, Gewerkschaften und Parteien und übernehmen Verantwortung in ihnen. Kritik, Diskurs und Dissens gelten als Normalfall der politischen Kultur und nicht als politisch-ideologische Diversion, Untergrundtätigkeit oder politische Straftat. Wo ich jetzt lebe, existiert die Herrschaft des Rechts, notfalls kann ich meine Rechte auch einklagen. Es gibt den freien Markt, aber auch ein soziales Netzwerk – wer bedürftig ist, erfährt Unterstützung. Und seit mehr als sechzig Jahren hat dieses Land kein anderes überfallen, es lebt mit allen in Frieden.“ (S.331)

Was Gauck schreibt, hat Gewicht. Man kann heraus hören, wie er Jahrzehnte seines Lebens in der „DDR“ ohne diese Grundrechte leben musste. Jedes freimütige Wort barg das Risiko in sich, dass derjenige, der es zu sagen wagte, angezeigt, vorgeladen, verhört, verurteilt und verhaftet wurde. Jetzt am 13. August ist es 51 Jahre her, dass in Berlin die Mauer gebaut und die inner­deutsche Grenze noch einmal schärfer abgeriegelt wurde. Sie werden sich wie auch ich an den Sonntag im Jahre 1961 erinnern, an dem wir dies erfuhren. Gauck und andere haben dafür gebetet (Montagsgebete) und darum gerungen, dass die DDR-Diktatur implodierte und die Menschen in Leipzig und Dresden, in Plauen, Berlin und Rostock diese Freiheiten erleben dürfen.

Wir können es nicht hoch genug schätzen, dass die Kinder, die in unseren Dörfern und Städten geboren werden, in einem Land aufwachsen, in dem diese bürgerlichen Freiheiten auch für sie gilt. Sie werden als Bürger der Bundesrepublik Deutschland geboren. Sie werden – wie wir auch – von diesem Staat geschützt, gefördert, auch gefordert, vielleicht auch verwöhnt. Alle Kids haben im Geschichtsunterricht zu lernen, wie diese Freiheit in unserem Land erkämpft wurde; sie können sich selbst in der Schülervertretung in dieser Freiheit, seine Meinung freimütig zu sagen, einüben; und sie können es ausprobieren, wie man sich in Demonstrationen für Freiheitsrechte einsetzt. Dass ein junger Mensch es lernt, als freier Bürger in unserem Land zu leben, muss in ihn eingepflanzt werden und kann dann aufgehen, aufblühen und reifen. Ich kenne in Minden einen Mann, der schon als 10-Jähriger gesagt hat: Ich möchte Politiker werden!, und er ist es geworden. In den ersten 19 Artikeln unseres Grundgesetzes sind diese Freiheitsrechte nieder geschrieben.

Aber jetzt gibt es eine andere und noch größere Freiheit, eine Freiheit mit noch größeren Dimensionen. Es ist gut, wenn in unseren Familien, in unseren Kirchengemeinden und auch in der Öffentlichkeit unseres Landes auch in Zukunft von dieser anderen Freiheit geredet wird. Dabei ist es für den modernen Menschen schwierig, diese Freiheit zu verstehen. In einem Buch von Helmut Gollwitzer („Krummes Holz – aufrechter Gang“) fand ich schon vor 40 Jahren folgende zwei Zitate:

„Wenn Gott existiert, ist der Mensch Sklave; aber der Mensch muss frei sein, also existiert Gott nicht.“ (Michael Bakunin, russ. Revolutionär, 1814-1876) und „Wo der große Weltenherr, hat die Freiheit keinen Raum, auch nicht die Freiheit – der Kinder Gottes.“ (Ernst Bloch. 1885-1977)

Beide haben das Geheimnis der Freiheit in der Beziehung zwischen zwei Menschen und zwischen Gott und den Menschen nicht begriffen. Wo Personen miteinander verbunden sind, ist die Freiheit des einen nicht automatisch die Unfreiheit oder Sklaverei des anderen. Wo Personen einander vertrauen, da bedingt die Freiheit des einen die Freiheit des anderen. Und so ist die Freiheit Gottes der Urgrund der Freiheit des Menschen.

Es lohnt sich, immer neu und immer tiefer nach dieser größeren Freiheit zu fragen. Theodor Heuß hat einmal gesagt: „Die äußere Freiheit der Vielen lebt von der inneren Freiheit der Einzelnen.“ Es ist enorm wichtig, zwischen der bürgerlichen Freiheit im weltlichen Staat und der Freiheit im Namen Jesu Christi zu unterscheiden und zu sehen, wie sie zusammengehören. Dabei kann ich natürlich viele mit Namen benennen, die ihre Freiheit als politisch engagierte Bürger aus ihrem Glauben heraus leben. Einer meiner Lehrer betonte immer: Wo in der Bibel von „Freiheit“ die Rede ist, da geht es nicht um einen Zustand oder um ein Grundrecht. Da geht es um einen Akt der Befreiung. Und der will persönlich innerlich erlebt sein.

Ich möchte hier nicht missverstanden werden. Ich bezweifele nicht, dass auch Gauck und die anderen Bürgerrechtler in der DDR sich aus ihrem Glauben heraus für die Befreiung der Menschen in der DDR eingesetzt und die Überwindung der DDR als Akt der von Gott geschenkten weltlichen Befreiung erlebt haben. Viele von den Bürgerrechtlern in der DDR werden um die innere Freiheit des Glaubens gewusst haben, die Martin Luther mit den berühmten Sätzen beschreibt: „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemandem untertan. Ein Christenmensch ist ein dienstbarer Knecht aller Dinge und jedermann untertan.“ (Von der Freiheit eines Christenmenschen, 1520)

Diese Freiheit konnte und kann aber unter jedem Regime gelebt werden, in einer Sklavenhaltergesellschaft, in der mittelalterlichen Ständegesellschaft, in einer Klassengesellschaft, dort wo Christen maßgeblich in der Politik engagiert sind und dort, wo sie deutlich zur Minderheit geworden sind und wo unchristliche Positionen die öffentliche Debatte bestimmen.

An vielen Stellen ist in der Bibel von „Freiheit“ die Rede. In 2. Kor 3,17 kann Paulus schreiben: „Wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit!“ In Gal 5,1: „Zur Freiheit hat uns Christus befreit! So steht nun fest und lasst euch nicht wieder das Joch der Knechtschaft auflegen.“ Gerne habe ich früher mindestens einem der Konfirmanden bei der Konfirmation als Spruch den Satz aus 1. Kor 7 gegeben: „Ihr seid teuer erkauft; werdet nicht der Menschen Knechte!“ (V.23) In Joh 8,32 heißt es lapidar: „Die Wahrheit wird euch frei machen!“ (Freiburger Universität) Ja, und wenige Sätze weiter sagt dort Jesus: „Wenn euch der Sohn frei macht, so seid ihr wirklich frei.“ (V.36)

Ich kenne diesen Satz, solange ich lesen kann. Er stand in alter Schrift vorne groß an der Wand in dem Raum, in dem ich als 6,8,10-Jähriger Kinderstunde erlebt habe. In dem Verein, der zu dieser Kinderstunde damals einlud, wollte man Suchtkranken helfen. Man wollte, dass diese Menschen von ihrer Bindung befreit würden und sie dann als Menschen, die die Sucht überwunden haben,  leben können. „Wenn euch der Sohn frei macht, so seid ihr wirklich frei.“

Dabei ist Sucht ja nicht eine Problematik früherer Jahrzehnte oder früherer Jahrhunderte. Wenn ich heute immer wieder vom Koma-Saufen Halbwüchsiger lese, dann legen es mitten unter uns junge Menschen darauf an, sich der Macht einer Suchtkrankheit auszuliefern. Eltern, Lehrer, Pfarrer stehen hilflos davor und wissen nicht, wie sie eingreifen und helfen sollen. Und dann bedarf es des Größeren, der sie daraus wieder los macht, befreit. „Wenn euch der Sohn frei macht, so seid ihr recht frei.“ Die Fröhlichkeit einer Kirchengemeinde und die innere Freiheit der Menschen in unserem Land leben davon, dass viele Einzelne Befreiung erleben.

Im 19. Jahrhundert lebte im Siegerland ein Mann, der war einmal Falschmünzer gewesen. Er hatte es also hingekriegt, falsches Geld herzustellen, das aussah wie richtiges, und in den Verkehr zu bringen. Das war sehr günstig. Fortan war sein Portemonnaie immer gefüllt. Aber man war ihm auf die Spur gekommen, er wurde vor Gericht gestellt, verurteilt und musste Jahre seines Lebens im Zuchthaus (damals) verbringen. Er hat seine Strafe abgesessen, und er hat sein Handeln bereut und vor Gott um Vergebung gebeten. Als er dann aus dem Gefängnis kam, war er ein erneuerter Mensch und wurde für viele zu einem Vorbild des Glaubens, der Ohm Michel aus Siegen-Weidenau. Er konnte es handfest bezeugen, was es bedeutet, wenn Gott uns befreit.

Wir in unseren Familien, wir in unseren Dörfern und Städten  und wir in unserer Kirchengemeinde müssen nicht alles voneinander wissen. Vieles von dem, was wir an Fehlern gemacht, was wir an Schuld auf uns geladen und was sich im eigenen Leben an Abgründen aufgetan hat, kann vor der Öffentlichkeit verborgen bleiben. Aber Gott will es anrühren. Vor ihm und vielleicht vor einem verschwiegenen Seelsorger muss es raus. Wir „sind allesamt Sünder und ermangeln des Ruhmes, den wir bei Gott haben sollten und werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, die durch Christus Jesus geschehen ist“, schreibt Paulus im Römerbrief (Röm 3, 23). Das ist bei einer Taufe im Blick, darum geht es, wenn jemand Mitglied einer christlichen Kirche ist. Mit weniger gebe ich mich nicht zufrieden.

Da ist ein junger Mensch, der macht seine Lehre bei einer Bank, ist gut in seinem Fach, steigt auf, macht Karriere. Eines Tages pflegt er Nadelstreifen­anzüge zu tragen, feilscht mit an der Börse, verdient viel Geld, wird ein schon früh angesehener Bürger. Unmerklich wird er zu einem jener Menschen, die von der Gier nach mehr bestimmt werden. Diese Gier hat vor vier Jahren eine weltweite Finanzkrise ausgelöst.

Ein anderer junger Mensch entdeckt, dass er eine gute Stimme hat und sich gerne auf eine Bühne stellt, singt, es den Pop-Stars nachmacht, bewundert und beklatscht wird (Nena Kerner ?). Und auf einmal ist er selbst einer von denen, die süchtig sind nach dem Beifall der Menschen.

Meine Frau und ich sind in Berlin gerne in die ‚Diestel‘ und zu den ‚Stachelschweinen‘ gegangen. Aber wir müssen achtgeben: Da ist jemand, der merkt schon früh, wie gut es ankommt, wenn man im passenden Augenblick spöttische Bemerkungen macht. Er wird Komiker, hat Spaß daran, seine Feder zu spitzen, Texte mit Biss zu schreiben und ganze Abende zu gestalten, an denen Menschen in Lachsalven ausbrechen. Die großen Hallen in den Städten sind voll, und er oder sie (ich brauche keine Namen zu nennen.) verdienen viel, viel Geld – obwohl er oder sie daran beteiligt ist, Menschen groß raus zu bringen und abstürzen zu lassen. Auch Kabarettisten können von einer Gier nach Macht bestimmt sein.

Man kann sehr wohl in unserer freiheitlichen Gesellschaft großen Erfolg haben und viel Geld verdienen – und zugleich ein Sklave oder eine Sklavin von schäbigen Leidenschaften sein. Auch die Gier nach Reichtum und Einfluss und der Spott über Gott und die Menschen können in uns Wurzeln schlagen und wachsen wie das Unkraut unter dem Weizen. So leicht kann sich ein Mensch hier unter Wiederholungszwang setzen und sich so immer konsequenter von Gott abkehren und dann seinen Unglauben in sich zementieren. Wir Menschen haben die Freiheit, uns ganz an den Widersacher Gottes zu binden. Mitten in einem Staat, in dem das Grundrecht der Freiheit ganz wichtig ist, können große Scharen von Menschen Macht und Einfluss gewinnen, die innerlich unfrei sind.

In den Büchern über Dietrich Bonhoeffer kann man ein Selbstbekenntnis finden, das er einmal einem ihm sehr vertrauten Menschen geschrieben hat. Da schildert er, wie er selbst einmal eine solche Befreiung erlebt hat. Hier rührt man an eins der tiefsten Geheimnisse seiner Person (E. Bethge in Dietrich Bon­hoeffer. Eine Biographie, München 1970, 3. Auflage, S. 248f): „Die Wendung des Theologen zum Christen“): „Ich stürzte mich in die Arbeit in sehr unchrist­licher Weise. Ein …Ehrgeiz, den manche an mir gemerkt haben, machte mir das Leben schwer. Dann kam etwas anderes, etwas, was mein Leben bis heute verändert und herum geworfen hat. Ich kam zum ersten Mal zur Bibel … Ich hatte schon oft gepredigt, ich hatte schon viel von der Kirche gesehen, darüber geredet und gepredigt – und ich war noch kein Christ geworden.  … Ich weiß, ich habe damals aus der Sache Jesu einen Vorteil für mich selbst … gemacht. Ich bitte Gott, dass das nie wieder so kommt. Ich hatte auch nie, oder doch sehr wenig gebetet. Ich war bei aller Verlassenheit ganz froh an mir selbst. Daraus hat mich die Bibel befreit und insbesondere die Bergpredigt. Seitdem ist alles anders geworden. Das habe ich deutlich gespürt und sogar andere Menschen um mich herum. Das war eine große Befreiung. Da wurde es mir klar, dass das Leben eines Dieners Jesu Christi der Kirche gehören muss und Schritt für Schritt wurde es deutlicher, wie weit das so sein muss. Dann kam die Not von 1933. Das hat mich bestärkt. Ich fand nun auch Menschen, die dieses Ziel mit mir ins Auge fassten. Es lag mir nun alles an der Erneuerung der Kirche und des Pfarrerstandes.“ Dietrich Bonhoeffer beschreibt hier in ganz intimer Weise seine innere Befreiung von dem Ehrgeiz, der ihn gefangen hielt. Er erkannte seinen Ehrgeiz als Schuld und kehrte dieser schlechten Eigenschaft in seinem Leben den Rücken.

Wichtiger, viel wichtiger als die Freiheit, die wir in der Gesellschaft erringen oder genießen können, ist die Verkündigung der Freiheit, zu der Christus befreit hat, und die Erfahrung der Freiheit, deren Ursprung er ist. Wir dürfen uns nicht scheuen, seinen Namen zu nennen. Jesus Christus ist der ganz und gar an Gottes Willen gebundene und darum der freieste Mensch. Und dann haben wir dem alten Adam (wie Luther es im Kleinen Katechismus zur Erklärung der Taufe gesagt hat) und der alten Eva in uns auf die Spur zu kommen, unsere Befangenheiten und Bindungen an Sünde, Tod und Teufel zu erkennen, zu bekennen und uns innerlich befreien zu lassen. Seit Jesus Christus hier auf dieser Erde mit uns gelebt hat, ist der Grund für die Freiheit gelegt. Petrus und Paulus in der Sklavenhaltergesellschaft damals und unter der Knute des römischen Reiches, Martin Luther und Calvin in der Ständegesellschaft des aus­gehenden Mittelalters, Johann Sebastian Bach, Philip Jakob Spener und Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf in den absolutistischen Staaten des 17.,/18. Jahrhunderts, Johann Hinrich Volkening und Friedrich von Bodel­schwingh in der Gesellschaft des 19. Jahrhunderts mit dem aufkommenden Industrieproletariat – sie alle haben diese von Christus geschenkte Freiheit erfahren. Die äußere Freiheit hier bei uns in der Bundesrepublik lebt von der inneren Freiheit, und viele haben ihre innere Freiheit als an Christus glaubende Menschen errungen.

In einem meiner ersten Englisch-Bücher 1956/57, die ich in der Schule in die Hand bekam, stand der Spiritual: „Nobody knows the trouble I have“, in der deutschen Übersetzung: „O Herr, wir rufen alles zu dir“, ein Spiritual von schwarzen Sklaven in Amerika geschrieben. Sie haben so ihre Not aus sich heraus geschrien. Unser Englisch-Lehrer (Dr. Lothar Bieber) hat es uns vorge­sungen. Die zweite Strophe heißt in der deutschen Nachdichtung: „Ich war voll Mut und Selbstvertraun, o mein Gott, wollt nicht nach deiner Hilfe schaun, o mein Gott. Ein Netz fing meine Füße ein, o mein Gott, nur deine Hand kann mich befrein, o mein Gott.“

Ich habe in diesem Vortrag von sehr drastischen Möglichkeiten, gebunden zu sein, erzählt; wir haben zugleich in den Sätzen Bonhoeffers gesehen, dass es die Möglichkeit gibt, auf sehr subtile Art unfrei zu sein. Diese Unfreiheit kann uns hindern, Gott zu finden und ganz persönlich, in Ehe und Familie, bei der Arbeit und im Staat ein freies Leben zu führen. Da heißt es zu fragen: Wo ruft es heute in mir: „Ein Netz fing meine Füße ein, o mein Gott, nur deine Hand kann mich befrein, o mein Gott.“? Wichtiger als das Grundrecht der Freiheit und der Zustand der Freiheit in unserem säkularen Staat sind die Erfahrungen der Befreiung, die Gott einzelnen unter uns und möglicherweise dann auch uns miteinander schenkt!

Was unser Bundespräsident Joachim Gauck in seiner Autobiographie schreibt, auf der einen Seite und auf der anderen Seite biblische Worte: „Ihr seid teuer erkauft; werdet nicht der Menschen Knechte!“, „Die Wahrheit wird euch frei machen!“, „Wenn euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr wirklich frei.“

Es entspricht dem fundamentalen Grundsatz unseres Staates, Religion und Politik, Kirche und Staat zu unterscheiden.

Hartmut Frische, Pfr., Minden
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