Hartmut Frische, Mission und Da’wa

Der Wettbewerb zwischen der Mission im Namen Jesu Christi und der Da’wa des Islam in Europa 

Im Jahre 1987 waren der Kirchenkreis und  die Stadt Frankfurt Gastgeber des Evangelischen Kirchentages. Eine Frau aus meiner Gemeinde in Siegen nahm an diesem Großereignis der Evangelischen Kirche teil. Sie kam zurück und war sehr verwundert. Sie hatte gesehen, wie Muslime dort auf dem Gelände des Kirchentages frei heraus für ihren Glauben warben, also Menschen ansprachen und ihnen Stellen aus dem Koran zeigten. „Warum wird so etwas auf einem Kirchentag erlaubt?“ Ich habe ihr zugehört und ihr dann erklärt, dass die Verantwortlichen des Kirchentages großen Wert auf die Offenheit der Atmosphäre legen. Vor allem aber habe ich ihr zu deutlich zu machen versucht: Wenn ich Missionar des Islam in Deutschland wäre, müsste ich sehr unaufmerksam sein, wenn ich nicht mitbekäme: Während des Kirchentages bestehen beste Möglichkeiten, mit Männern und Frauen, mit Älteren und Jüngeren auf Augenhöhe über das Wesen des Glaubens der Muslime zu sprechen. Ich müsste Tomaten auf den Augen haben! Natürlich wollen Muslime zu ihrem Glauben einladen. Der Fachausdruck dafür ist: Da’wa. Dieses Wort  steht sicher in einem inneren Zusammenhang mit dem Djihad. Aber Da’wa meint die friedliche, engagierte Einladung, den Islam kennenzulernen und Muslim oder Muslima zu werden.

Muslime laden zu ihrem Glauben ein

Wie eindringlich eine solche Einladung sein kann, hat Carmen Rohrbach, in Bischofswerda geboren und in der DDR groß geworden, während ihrer Reise durch den Jemen erfahren. Öfter wird sie von Einheimischen als willkommener Gast aufgenommen. Von einem Besuch erzählt sie: „Leidenschaftlich versucht Rechmar, mich zur Muslima zu bekehren. Ihre Augen, in denen so gern der Schalk blitzt, weiten sich vor Entsetzen, wenn sie mir die Höllenqualen schildert, die mich erwarten, falls ich als Ungläubige sterbe. Sie schüttelt sich schaudernd und greift nach meiner Hand, bettet sie zwischen ihre kleinen, warmen, festen Hände und erzählt mir beschwörend vom Paradies, in dem wir beide nach unserem Tod wandeln würden, wenn ich mich zum wahren Glauben, zum Islam bekenne.

Das Paradies beschreibt sie mir als einen prächtigen Garten. Bäume und Büsche säumen die Ufer der Flüsse. Kristallklares Wasser rauscht überall. Not und Leiden haben ein Ende.

Ob sie denn wisse, dass Christen ebenso die Hölle fürchten und auf das Paradies hoffen, frage ich sie.

Ja, es sei aber ein Irrglaube, Christen seien Ungläubige und würden allesamt in der Hölle landen. Mitleidig drückt sie meine Hand und bedrängt mich eindringlich: ‚Du darfst nicht in die Hölle kommen, es ist furchtbar! Du musst Muslima werden!‘

Ich bemühe mich, sie zu überzeugen, dass Christen und Muslims den gleichen Gott anbeten: ‚Sieh, Rechmar, ihr glaubt, dass es außer Allah keinen anderen Gott gibt, und wir glauben auch, dass es nur einen Gott gibt, deshalb müssen Allah und unser Gott derselbe sein. Bestimmt werden wir uns im Paradies begegnen, wenn wir beide die Gebote unserer Religionen beherzigen.‘

Sorgenvoll schüttelt Rechmar den Kopf. ‚Nein, du täuschst dich‘, sagt sie. ‚Euer Gott ist nicht Allah. Euer Gott existiert gar nicht! Du bist eine Ungläubige. Wenn du das nur erkennen wolltest!‘

Rechmar ist klug, statt mich fortwährend zu beschwatzen, sagt sie pfiffig: ‚Ich habe genug geredet. Beschreibe mir nun deinen Glauben.‘

Mit dieser Bitte bringt sie mich in arge Bedrängnis, denn ich bin keine Christin. Da ich in der Kindheit nicht mit einem Glaubensbekenntnis in Berührung gekommen bin, habe ich auch später nie das Bedürfnis verspürt, ein höheres Wesen anzubeten. …Viel könnte ich Rechmar über Erkenntnisse und Erlebnisse während meiner Pilgerwanderung erzählen, niemals aber dürfte sie erfahren, dass ich an keinen Gott glaube. Sie würde tief erschrecken und könnte es nicht fassen. Jemand, der an den Christengott, den falschen Gott, glaubt, wird bemitleidet, manchmal auch verachtet, aber derjenige, der gar nicht glaubt, verliert den Status eines menschlichen Wesens. Ich würde ein Nichts sein, weniger wert als ein Hund, der als unrein und unsauber gilt.“[1]

Der Brief der 138 Gelehrten

Wie häufig Einladungen von Muslimas und Muslimen, im Geiste Muhammads an Allah zu glauben, so zupackend und drastisch sind wie hier bei Rechmar, kann ich nicht beurteilen. Äußerst intelligent und sensibel gestaltet sich das Schreiben, das als „der Brief der 138 Gelehrten“ bezeichnet wird und überschrieben ist mit: „Ein Wort, das uns und euch gemeinsam ist, ein Offener Brief und Aufruf von Religiösen Führern der Muslime an die religiösen Führer des Christentums“ vom 13. Okt. 2007 n. Chr. Friedmann Eißler bezeichnet diesen Brief als „eines der bedeutendsten Ereignisse im islamisch-christlichen Dialog der letzten Jahrzehnte“[2].

Adressiert ist dieser Brief an Papst Benedikt XVI. in Rom, an den Patriarchen Bartholomäus I. in Konstantinopel, an Papst Theodorus II. in Alexandria, an den Erzbischof von Canterbury Williams, an viele andere Kirchenführer, dazu auch an die Generalsekretäre der Weltweiten Evangelischen Allianz, des Lutherischen Weltbundes, des Weltrates Methodistischer Kirchen, des Reformierten Weltbundes und des Ökumenischen Rates der Kirchen.

Unterzeichnet wurde der Brief von 138 Persönlichkeiten der islamischen Welt aus 43 Ländern der Erde. Liest man aufmerksam die Namen der Unterzeichner und ihre Titel, dann häufen sich die Titel wissenschaftlicher Koryphäen wie Doktor, Direktor und Professor, Titel von Männern in politischen Ämtern wie Generalsekretär, Senator, Minister und Prinz und Titel von religiösen Führern wie Scheich, Groß Mufti und Ayatollah. In dem Antwortbrief des „Barnabas Fund“ heißt es: „Einige der Unterzeichner sind muslimische Führungspersönlichkeiten, die für ihre gemäßigten und friedlichen Absichten wohlbekannt sind, wie etwa Professor Akbar Ahmed, Dr. Alan Godlas, Haza Yusuf Hanson und Seyyed Hossein Nasr.“[3] Zu denjenigen, die mit unterzeichnet haben, gehört auch der Präsident der Al-Azhar Universität in Kairo, H.E. Prof. Dr. Shaykh Ahmad Muhammad Al-Tayeb. Allerdings beinhaltet die Liste auch Namen von Personen mit islamistisch-extremistischen Neigungen.

Vorbereitet wurde dieser Brief der 138 von islamischen Instituten zur Förderung des interreligiösen Dialogs, wie z B das „Königliche Institut für interreligiöse Studien, RIFS“, das unter der Schirmherrschaft des jordanischen Königshauses steht. „Inzwischen haben sich auch andere Regenten und Staaten mit Ambitionen im internationalen Kultur- und Religionsdialog positioniert“, wie Friedmann Eißler schreibt[4].  Er nennt dann das „Internationale Islamische Forum für Dialog, IIFD“ in Dschidda, Saudi Arabien. Auch gab es nach dem Erscheinen des Briefes der 138 im Jahre 2008 Konferenzen in Mekka, Madrid und Qatar. Dieser Brief der 138 ist ein deutliches Zeichen dafür, wie heute Persönlichkeiten sehr unterschiedlicher Richtungen in der islamischen Welt zusammenarbeiten, wo es um den Dialog mit der Christenheit gehen soll. Christian Troll, SJ (= also Mitglied des Jesuitenordens), sieht es so: „Mit dieser Initiative werden wir Zeuge des Entstehens von so etwas wie einer innerislamischen ‚ökumenischen‘ Bewegung.“[5]

Das Angebot einer Basis für das Miteinander der Religionen

Der Stil dieses Briefes ist ausgesprochen höflich. Er gibt sich als der Versuch, das Gemeinsame des christlichen und islamischen Glaubens darzustellen und als tragfähige Basis für das Miteinander der Gläubigen dieser beiden Religionen vorzuschlagen. Dies sind die Liebe zu Gott und die Nächstenliebe. Gleich im Vorspann wird aus dem Koran und aus der Bibel zitiert, aus dem Koran: „Bezüglich der Einheit Gottes sagt Gott im Heiligen Qur’an: ‚Sprich: Er, Gott, ist Einer. Gott, der ewig aus sich selbst Bestehende‘ (Sure 112,1-2).  ‚Über die Notwendigkeit Gott zu lieben sagt Gott im Heiligen Qur’an: ‚So gedenke des Namens deines Herrn und wende dich ihm von ganzem Herzen zu!‘ (Sure 73,8)[6] In Bezug auf die Nächstenliebe sagte der Prophet Muhammad: ‚Keiner von euch glaubt wirklich, bis er für seinen Bruder das liebt, was er für sich selbst liebt!‘“[7]

Ähnlich heißt es in den Worten Jesu: „Das erste (Gebot) ist: ‚Höre Israel: der Herr, unser Gott, ist ein Herr; und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen und aus deiner ganzen Seele und aus deinem ganzen Verstand und aus deiner ganzen Kraft!‘ Das zweite (Gebot) ist dies: ‚Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst!‘ Größer als diese ist kein anderes Gebot. (Mk 12,29-31)“[8]

Die Sorge um den gefährdeten Frieden

Ein wichtiger Aspekt dieses Briefes ist die Sorge um den gefährdeten Frieden in aller Welt, die verantwortliche Menschen in beiden Religionen gemeinsam umtreibt. „Christen und Muslime machen, wie verlautet, mehr als ein Drittel, beziehungsweise mehr als ein Fünftel der Menschheit aus. Zusammen stellen sie mehr als 55 % der Weltbevölkerung … Wenn zwischen Muslimen und Christen kein Frieden herrscht, kann es in der Welt keinen Frieden geben. Angesichts der schrecklichen Waffenarsenale der modernen Welt und eines nie zuvor dagewesenen Grades der Verflechtungen zwischen Muslimen und Christen kann keine Seite einen Konflikt, an dem mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung beteiligt ist, einseitig gewinnen.“[9]

Wieder folgen aus dem Koran und aus der Bibel ähnliche Aufrufe. Aus dem Koran, Sure 16,90: „Wahrlich, Gott gebietet die Gerechtigkeit, das Gute sowie Freigebigkeit gegenüber Anverwandten, und Er verbietet das Schändliche, das Verwerfliche und die Gewalttätigkeit. Er ermahnt euch, dass ihr es beherzigen möget.“ Aus der Bibel Matthäus 5,9: „Glückselig sind die Friedensstifter!“ und „Denn was wird es einem Menschen nützen, wenn er die ganze Welt gewönne, aber seine Seele einbüßte? (Mt 16,26)“

So wird aus Koran und Bibel gefolgert: „Darum lasst unsere Differenzen nicht zur Ursache von Hass und Streit zwischen uns werden. Lasst uns stattdessen wetteifern in Rechtschaffenheit und guten Werken. Lasst uns einander respektieren, fair, gerecht und freundlich zueinander sein, und in aufrichtigem Frieden Eintracht und gegenseitigem Wohlwollen miteinander leben.“[10] Dieses muslimische Dokument aus dem Jahre 2007 ist sicher ein kräftiger Ansporn, nach der Bedeutung der Liebe zu Gottes zu den Menschen und der Liebe der Menschen zu Gott in der Bibel und im Koran zu forschen. Es sei hier der Satz des „Barnabas Fund“ hinzugefügt: „Oberflächlich gesehen erscheint der Brief als ein gutgemeinter und dringender Appell für ein besseres Verständnis zwischen Muslimen und Christen, um einen apokalyptischen Krieg zwischen den beiden größten religiösen Blöcken der Welt abzuwenden.“[11]

Aber ist dieser Brief der 138 Gelehrten aus der islamischen Welt wirklich das Angebot eines fairen Miteinanders zwischen Christen und Moslems? Christian Troll hat beobachtet: „Wenn sie aus dem Koran zitieren, sagen sie: ‚Gott sprach/hat gesprochen‘, so wie es jeder gute Moslem tut. Wenn sie aber Verse aus der Bibel zitieren, sagen sie: ‚wie es im Neuen Testament heißt‘ oder ‚wie wir im Neuen Testament lesen‘“[12]. Beim Lesen des Korans sind sie im Innersten ergriffen; beim Lesen des Neuen Testamentes zitieren sie aus der Distanz – was nicht verwunderlich ist.

Weiter ergibt sich für Christian Troll aus der Analyse des ersten Teiles des Briefes mit der Überschrift „Gottes Liebe im Islam“, „dass der Brief inhaltlich gesehen eigentlich beschreibt, was wir Christen als ‚Gehorsam gegenüber Gott‘, nicht aber als ‚Liebe‘ bezeichnen“[13]. Im Unterschied zum Alten und Neuen Testament ist das Wort „Liebe“ im Koran kein zentraler Begriff. „Liebe“ wird hier in den Vordergrund gestellt, um Christen zu locken, sich mit dem Koran zu beschäftigen. Samir Khalil Samir, SJ, aus Beirut vermutet, dass der Brief eine kluge Art ist, „sich auf Papst Benedikts erste Enzyklika (deus caritas est = Gott ist Liebe) zu berufen“[14]. Aber „Liebe“ ist einer der zentralsten Begriffe in der Bibel. Der Gott der Bibel hat sich selbst als den Gott offenbart, dessen Wesen Liebe ist und der aus seiner Liebe heraus seinen Sohn in die Welt geschickt und für uns Menschen dahin gegeben hat, um uns Menschen durch ihn zu retten (Joh 3,16).

Die 138 Gelehrten legen fest, was wahrer Glaube ist

Wenn der Brief gleich auf der vierten Seite die Hadith 3934 zitiert: „Es gibt keine Gottheit außer Gott, Er ist Allein, Er besitzt keinen Partner!“[15], steht der Anspruch der 138 Gelehrten der islamischen Welt fest: Sie sagen den Christen, was der wahre Glaube ist: Jesus ist nicht mehr und nicht weniger als einer der Propheten. An Allah glaubt nur recht, wer ihm keinen anderen beigesellt. Damit distanzieren sich diese Muslime von dem Gott, der in seiner Liebe zu den Menschen Mensch aus Fleisch und Blut geworden ist wie wir.

Souverän fordert Christian Troll, dass sich Christen nicht damit zufrieden geben sollen, als „Leute des Buches“ bezeichnet zu werden. Wir sind „Menschen der inkarnierten Offenbarung“[16]. Christen glauben an Jesus Christus, der damals in Bethlehem geboren wurde, der in Jerusalem den Kreuzigungstod erlitt und in dem der Sohn Gottes selbst mit uns gelebt hat und für uns gestorben ist. Ihn hat Gott von den Toten auferweckt. Dieses sind für Christen wesentliche Elemente ihres Glaubens, ihres Hoffens und ihres Liebens; es ist aber auch für uns und unser Erkennen, Denken und Reden etwas ganz Wesentliches, und wir können nicht anders, als dies vor Menschen anderer Religionen zu bezeugen.

 

Dass Christen in vielen islamischen Ländern Einschränkungen erfahren  oder verfolgt werden, wird übergangen

Einen besonders wichtigen und aktuellen Kritikpunkt benennt die „Internationale Konferenz Bekennender Gemeinschaften, IKBG“. Der Brief der 138 stellt zwar heraus, dass im Koran (Sure 2,256) die Religionsfreiheit begründet ist. Aber dann beklagen die bekennenden Gemeinschaften: „Dagegen gehen die Verfasser nirgends in ihrem Brief darauf ein, dass Christen und christliche Gemeinden in fast allen islamischen Ländern in der Ausführung ihres Glaubens massiv eingeschränkt, ja, in einigen Ländern sogar grausam verfolgte Minderheiten sind.“ Und dann fügt die IKBG hinzu: „Diesen Zustand zu ändern wäre doch die erste Voraussetzung für einen echten Religionsfrieden zwischen Muslimen und Christen.“[17] So sensibel sich diese große Zahl der Führer aus der islamischen Welt in diesem Brief auch gibt, sie haben kein Empfinden für das, was Christen zurzeit am meisten bekümmert.

Das an dieser Stelle Wichtigste ist, dass es in diesem „Brief der 138 Gelehrten“ an markanter Stelle unter der Überschrift „Kommt herbei zu einem Wort, das uns gemeinsam ist“ heißt: „Im Heiligen Qu’ran fordert Gott, der Hocherhabene, die Muslime auf, folgenden Aufruf an die Christen (und Juden – das Volk der Schrift) zu richten: Sprich: ‚O Volk der Schrift, kommt herbei zu einem Wort, das uns und euch gemeinsam ist: dass wir niemandem außer Gott dienen und wir ihm nichts zur Seite stellen, und dass nicht die einen von uns die anderen anstelle von Gott zu Herren nehmen.‘ Wenn sie sich jedoch abwenden, dann sagt: ‚Bezeugt, dass wir Gottergebene sind!‘ (Koran, Sure 3,64)[18]

Eine äußerst geschickte Einladung zum islamischen Glauben

Dieser „Brief der 138 Gelehrten“ ist vor allem und in allem eine sehr zuvorkommende und äußerst geschickte Einladung von Muslimen an die Christen in der Welt, sich auf die Botschaft Muhammads, ihres Propheten, so wie sie im Koran und in den islamischen Überlieferungen zu finden ist, einzulassen und selbst Muslime zu werden. Die „Internationale Konferenz Bekennender Gemeinschaften“ bezeichnet diesen Brief „als eine milde Form des Da’wa, nämlich einen Aufruf an die Ungläubigen, sich zum Islam zu bekehren und zu unterwerfen“. Und dann wird hinzugefügt: „Geschichtlich war dieser oft verbunden mit der Androhung von gewaltsamer Eroberung = Jihad, falls er abgelehnt wird.“[19]

Und dann stellen die „Bekennenden Gemeinschaften“ heraus: „Das Verhältnis zwischen Muslimen und Christen sei in den letzten Jahren zusätzlich belastet worden durch eine Reihe von grausamen Verbrechen wie die in New York, Madrid und London, bei denen viele unschuldige Menschen im Namen des Islam umgebracht wurden. Daher müsste eine Erklärung zum Verhältnis der beiden Religionen auf jeden Fall konkret zu diesen Ereignissen Stellung nehmen.“[20]

Die religiösen Führer des Islam, die Scheichs, Groß Muftis und Ayatollahs, auch die Muslime in politischen Ämtern, können von ihrer inneren Ausrichtung und von dem, was ihnen vom Koran und von ihrer Tradition her vorgegeben ist, gar nicht anders, als zu einem Dialog einzuladen, der von den islamischen Vorgaben bestimmt ist. Christian Troll, S.J., schreibt: „Indem der Brief nahelegt, einen Koran-Vers wie Sure 3,64 mit seinen Kategorien und Aussagen als Rahmen für einen weiterführenden Dialog zwischen Muslimen und Christen zu nehmen, beschwört er die Gefahr herauf, dass eine Seite praktisch sagt: ‚Treffen wir uns, aber zu unseren Bedingungen!‘“ Und dann macht Troll unmissverständlich klar: „Damit ein wirklicher Dialog möglich wird, muss am Anfang stehen, dass jede der beiden Seiten ihre eigene Grundposition des Glaubens formuliert, wie ‚schwer zu verdauen‘ sie auch für den Partner des Dialogs auch sein mag.“[21]

Friedmann Eißler weist hin auf die klassische Belegstelle für den Aufruf, sich dem Islam zuzuwenden: „Lade ein zum Weg deines Herrn mit Weisheit und trefflicher Ermahnung und streite mit ihnen in bester Art und Weise! Wahrlich, der Herr weiß am besten, wer von seinem Weg abirrt, und er weiß am besten, wer die Rechtgeleiteten sind!“, die als Motto über dem Brief steht[22]. Und dann versucht er die innere Ausrichtung des „Briefes der 138 Gelehrten“ mit folgenden Worten zu erfassen: „Der Bezug auf die Bibel und christliche Grundaussagen vollzieht sich uneingeschränkt und explizit im Rahmen des islamischen Offenbarungsverständnisses, das Christen einen Platz gleichsam im Islam zuweist. Christen werden eingeladen, sich der ‚ursprünglichen‘ – und gemeint ist wohl: rechtverstandenen – Worte Jesu und damit gleichsam des Islamischen im Christentum zu erinnern. Christen sind in Liebe auf Gott ausgerichtet, wenn und sofern sie islamische Grundwerte beherzigen.“[23]

Der „Brief der 138 Gelehrten“ macht deutlich, dass sowohl die große Schar der politisch einflussreichen Persönlichkeiten der islamischen Welt, als auch die religiösen Führer, auf welchen Wegen auch immer, Christen auf der ganzen Welt und Menschen überall zum islamischen Glauben einladen. Ob ich hier von der Da’wa im Namen Muhammads oder von islamischer Mission spreche, ist einerlei. Der Islam missioniert weltweit auf unterschiedlichste Art und Weise. Zwar fordert Ayaan Hirsi Ali, die aus dem Islam ausgetretene Aktivistin für Menschenrechte: „Wir müssen die Religion strukturell auf den Platz zurückdrängen, an den sie gehört: in die Moschee und in den Privatbereich.“[24] Aber die große Mehrheit der Personen, die die islamische Weltgemeinschaft repräsentieren, denkt nicht daran, damit aufzuhören, umfassend Menschen dazu einzuladen, Muslime oder Muslimas zu werden. Solange dabei die von den Vereinten Nationen 1948 formulierten Menschenrechte beachtet werden, ist dagegen auch gar nichts einzuwenden.

Dagegen, dass Christen missionieren, ist nichts einzuwenden

Es ist aber auch nichts, ganz und gar nichts, dagegen einzuwenden, dass es Christen aufgetragen ist, ihren Glauben zu bekennen. Ihnen ist es geboten, zu evangelisieren und zu missionieren. Natürlich gehört es zum Wesen des Christentums, seine Überzeugungen mit Muslimen in respektvoller und liebevoller Weise zu teilen. Nach den letzten Worten des Matthäusevangeliums verabschiedet sich der von Gott auferweckte Christus von seinen Jüngern mit den Worten: „Mir ist alle Macht im Himmel und auf Erde gegeben. Darum geht zu allen Völkern und macht die Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes und lehrt sie, alles zu halten, was ich euch geboten habe.“ (Mt 28,18-20) Da genau dieses Wort Jesu bei jeder Taufe zitiert wird, kennen es alle Christen.

Sich dieses Gebot zu Herzen zunehmen und es von ganzem Herzen, mit ganzer Hingabe, mit aller Kraft und mit ganzem Verstand (Lk 10,27) im eigenen Leben und mit der Gemeinde, zu der man  gehört, umzusetzen, ist ein Element der Liebe zu Gott und der Liebe zu meinem Nächsten in meiner näheren Umgebung und in der Ferne. Die „Weltweite Evangelische Allianz“ (WEA) schreibt deshalb zurecht in ihrer Antwort an die 138 Gelehrten: „Dürfen wir Sie im Gegenzug dazu einladen, Ihren Glauben an den Gott auszusprechen, der unseren Widerstand gegen ihn und unsere Sünde durch das vergibt, was sein Sohn Jesus Christus für uns am Kreuz getan hat?“[25]

Muslime laden geschickt und eindringlich ein, an Allah und seinen Propheten Muhammad zu glauben. Zugleich wäre es ein unentschuldbares  Versäumnis, Muslime und Muslimas nicht mit Gott, dem Vater Jesu Christi, vertraut zu machen. Muslime haben in keinem islamischen Land eine so große Freiheit, Jesus Christus kennenzulernen und sich mit ihm auseinanderzusetzen wie hier in den europäischen Ländern. Im vom Islam geprägten Ländern wird es Christen dagegen auf vielfältige Weise schwer gemacht, die Bibel zu lesen, sich mit Christen zu treffen, Kirchen zu bauen und in der Öffentlichkeit zu missionieren.

Frei heraus stellt Mor Eustathius Matta Rhom, Erzbischof in der syrisch-orthodoxen Kirche von Antiochien, fest: „Was Muslime über das Christentum nicht wissen, kann ihnen nur von Christen erklärt werden, und gleichermaßen kann, was Christen vom Islam nicht wissen, ihnen nur von Muslimen erklärt werden. … Damit der Dialog für beide Seiten und die Menschheit allgemein fruchtbar wird, sollte er mit Transparenz, Aufrichtigkeit und guten Absichten begonnen werden. Auf jegliche Verschleierung der Wahrheit trifft jedoch zu, was der Hl. Isaak von Antiochien auf Syrisch sagte: ‚Wir täuschen einander, aber der Satan täuscht uns alle.‘“[26]

Die Mission im Namen Jesu Christi ist im Alten Testament, im Glauben des Volkes Israel, tief verwurzelt. Es sei hier nur auf die eine Stelle im Buch Deuterojesaja hingewiesen, nach der Gott, der Herr, während der babylonischen Gefangenschaft dem Gottesknecht sagt: „Es ist zu wenig, dass du als mein Bevollmächtigter nur die Stämme Israels wieder zu Ansehen bringst und alle zurückführst, die von den nachkommen Jakobs übrig geblieben sind. Ich mache dich auch zum Licht für die anderen Völker, damit alle Menschen auf der Erde durch die meine rettende Hilfe erfahren.“ (Jes 49,6) Dieser Satz wird von dem weisen Simeon zitiert, als er in dem von seinen Eltern zum Tempel in Jerusalem gebrachten Kind den Messias entdeckt und dann jubelt: „Herr, nun kann dein Diener in Frieden sterben. Mit eigenen Augen habe ich das Heil gesehen, das du für alle Völker bereitet hast – ein Licht, das die Nationen erleuchtet, und der Ruhm deines Volkes Israel.“ (Lk 2,29-32) Dieser ganz und gar jüdische Mensch erlebt die Erfüllung seines Lebens darin, dass er in seinem Alter in dem Jesuskind, das da in den Tempel gebracht wird, den Messias Israels erkennt.

Der Ursprung der Mission aber liegt darin, dass Gott selbst seinen Sohn in diese Welt sendet. Deshalb spricht die Missionswissenschaft von der „Missio Dei“[27].

Jesus von Nazareth lebte und handelte mit diesem Bewusstsein, von Gott selbst gesandt zu sein, und so berief er seine Jünger und sandte sie als die Apostel in die Welt. Nur dieses eine Wort Jesu sei hier ausgewählt: „Friede sei mit euch! … Wie der Vater mich gesandt hat, so sende ich jetzt euch.“ (Joh 20,21)

Peter Stuhlmacher betont: „Nach dem Neuen Testament steht es niemandem frei, auf einen anderen Christus zu hoffen als auf den, der bereits in der Person Jesu erschienen ist. In dem johanneischen Christuswort: ‚Ich bin der Weg, die Wahrheit und das leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich‘ (Joh 14,6) kommt der exklusive Wahrheitsanspruch des neutestamentlichen Christzeugnisses klassisch zum Ausdruck.“ Und dann weiter: „Von der Zeit des Paulus an heißt Mission nicht nur öffentliche Proklamation des Evangeliums und Unterricht im christlichen Glauben durch prophetische Wanderlehrer, sondern auch Glaubenswerbung durch das vorbildliche Gemeindeleben der Christen.“[28] Angesichts der Wirklichkeit der Evangelischen Kirche heute in Deutschland stellt Stuhlmacher klar, „dass ein Christentum, in dem jede Art von Glaubensdenken und moralischem Verhalten akzeptabel erscheint, keinen Zeugniswert mehr hat“[29]. Überzeugte Christen dagegen leben von der Zuwendung Gottes durch Jesus Christus her, möchten in ihrem Leben diesem Gott vertrauen und sind bereit, miteinander ihr Leben nach seinem Willen ausrichten.

Die Mission im Namen Jesu Christi – eine eindrückliche Geschichte

Es ist hier nicht der Ort, die Geschichte der Mission in den vergangenen 2.000 Jahren darzustellen. Längst sind in allen Erdteilen vitale Kirchen entstanden und zu wichtigen Partnern der Kirchen Europas geworden. Viele in europäischen und in arabischen Ländern haben es sich noch kaum klar gemacht,  dass heute nicht nur die Kirchen der westlichen Welt Missionare in alle Welt senden. Verkündiger des Evangeliums kommen in großer Zahl aus Korea, Indien, den Philippinen, Afrika und Südamerika. Die „Weltweite Evangelische Allianz (WEA)“ betont: „Es ist uns wichtig, dass zwischen dem christlichen Glauben und der westlichen Welt unterschieden wird. Es leben zwar viele Christen in der westlichen Welt, doch die Mehrheit der Christen lebt woanders. Das Christentum ist keine westliche Religion. Es wurde im Mittleren Osten begründet und wird heute größtenteils in nichtwestlichen Gesellschaften ausgeübt. Tatsächlich glaubt die Mehrheit der Menschen, die in der westlichen Welt leben, überhaupt nicht an Gott, lebt nicht nach seinem Willen und legt auch keinen Lebensstil an den Tag, der dem christlichen Glauben entspricht. … Wir sind oft betrübt über die Unmoral, die wir in der westlichen Welt sehen, und wir wollen nicht, dass dies den Frieden behindert.“[30]

Wird die Krise der Mission im Namen Jesu überwunden werden?

Es darf hier nicht verschwiegen werden, dass die christliche Mission seit Jahrzehnten eine tiefgreifende Krise erlebt. Die Mission der christlichen Kirchen war – Gott sei es geklagt – im frühen Mittelalter eng verbunden mit der gewaltsamen Expansion des „Römischen Reiches Deutscher Nation“; im 16. Jahrhundert geschah Mission im Schlepptau der spanischen und portugiesischen Eroberer; und im 18. und 19. Jahrhundert wurde im Schatten der Kolonisierung missioniert. Bei allem, was Menschen unternehmen, brechen Krisen auf, dürfen und müssen Fragen gestellt werden und muss man jeweils neu Antworten finden. Aber die Grundlage wollen neu gelegt sein und die Ziele neu gesetzt werden. Und da werden bekannte und unbekannte Worte der Heiligen Schrift ihre wegweisende Kraft neu zeigen.

Albrecht Hauser erzählt folgende Begebenheit: Moses Njue, ein schwarzer Afrikaner aus Kenia, war 1985-1989 Mitarbeiter im „Dienst für Mission, Ökumene und Entwicklung (DiMOE)“ der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Als er 1993 als anglikanischer Bischof der Diözese Embu in Kenia „wieder zu Besuch in Württemberg war, wurde er gefragt, wie er denn über die Mission denke, angesichts der Fehler, die gemacht worden seien. Bischof Njue stand auf und schaute ernst in die Runde: ‚Bin ich etwa ein Fehler? Wir haben das Evangelium als befreiende Kraft erfahren und sind dankbar, dass es uns gebracht wurde. Die Väter der Mission mögen wohl ihre Fehler gemacht haben, aber durch ihr Zeugnis sind wir Christen geworden. Wir bleiben deshalb nicht an ihren Fehlern hängen und denken vielmehr darüber nach, was sie alles auf sich genommen haben, um uns die Frohe Botschaft zu bringen.‘ Und in die Runde schauend sagte er nachdenklich: ‚Die offene Frage ist allerdings, ob wir auch Christen geworden wären durch die Söhne der Väter. Jede Generation sollte den Ruf: Wie der Vater mich gesandt hat, so sende ich euch! ganz neu hören. Auch ihr seid gesandt um das Evangelium in Deutschland und in aller Welt zu verkündigen.‘“[31]

Ein Wettbewerb ist im vollen Gange

Viele Menschen in Europa reiben sich die Augen und sind überrascht davon, dass die Gesellschaften auf unserem Kontinent nicht einfach säkularer und säkularer werden. Nein, religiöse Gemeinschaften, asiatische Religionen und  unterschiedlichste andere Glaubensgemeinschaften machen von sich reden, knüpfen ihre Kommunikationsnetze, bauen ihre Bildungszentren, faszinieren mit ihren Angeboten und locken Menschen an. Die Mission christlicher Kirchen und evangelistischer Gruppierungen auf der einen Seite und die Da’wa, die Einladung der Muslime zu ihrem Glauben, auf der anderen Seite sind die wichtigsten unter ihnen und stehen zu einander in Konkurrenz. Dass sie beanspruchen, die Fragen der modernen Welt besser zu lösen als christliche Kirchen und als säkulare Geistesströmungen, ist eine Herausforderung, die höchste Aufmerksamkeit verlangt[32].

In der evangelischen und in der katholischen Kirche, in der Evangelischen Allianz, in der Vereinigung der Freikirchen, im „Arbeitskreis christlicher Kirchen“ und in der „Koalition für Evangelisation“[33] werden die vielfältigen Bemühungen der Christenheit zu missionieren gebündelt. Eine inzwischen große Schar von Theologischen Fakultäten an den Universitäten und eine fast unübersehbare Zahl von freien theologischen Hochschulen und Bibelschulen bereiten junge Christen vor, im eigenen Land und weltweit als Evangelisten, Pastoren und theologische Lehrer ihren Dienst zu tun. Bibelgesellschaften, Radio- und Fernsehprogramme und vielfältige Vorstöße im Internet verbreiten auf ihre Weise die „Gute Nachricht“ von der Liebe Gottes. Sie überwinden damit Grenzen, die ihnen von Staaten und Religionen gesetzt worden sind.

Aber zugleich ist eine inzwischen kaum überschaubar große Zahl islamischer Organisationen dabei, in Deutschland den Bau von weiteren Moscheen vorzubereiten. Sie drängen darauf, die Ausbildungsstätten dafür zu schaffen, dass ihre Lehren hier in Europa verbreitet werden. Ströme von Geld aus den durch die Förderung des Öls reich gewordenen Ländern der arabischen Halbinsel fließen dorthin, wo es im Sinne der islamischen Da’wa gebraucht wird. Einzelne Muslime und viele der Organisationen versuchen, politisch und wirtschaftlich Einfluss zu nehmen. Gerne lassen sich Muslime in Gesprächsrunden im Fernsehen einladen und nutzen auch die vorhandene Dialog-Euphorie hierzulande aus. Natürlich gibt es inzwischen eine unübersehbar große Zahl von „homepages“ im Internet[34].

Bedenken muss man, dass der Islam mit seinen fünf Grundgeboten für viele Menschen einfacher zu überblicken ist und leichter verstanden werden kann als manche Lehren des christlichen Glaubens. Deshalb hat der Islam eine beachtliche Anziehungskraft. Und natürlich bieten Muslime ihre Überzeugungen umso mehr an, je öfter sie erleben, wie vielen Menschen in Europa ihr christlicher Glaube nichts mehr bedeutet.

Bei Licht besehen, haben wir in unserem Land und in anderen Ländern Europas längst einen Wettstreit zwischen den Religionen untereinander und zwischen den Religionen auf der einen Seite und Atheisten auf der anderen Seite. Jeder muss zusehen, dass er in allem, was er tut und sagt, integer ist, und darum ringen, dass er in dem, was er sagt oder gar verkündigt, überzeugen kann. Ein verlässliches Glied in der religiösen Gemeinschaft zu sein, zu der er gehört, ist uns allen aufgetragen. Wo jemand auf Menschen in Not trifft, da soll er, so wie er vermag, seine Hände, sein Herz und sein Portemonnaie öffnen. Wo er verbal, mit Fäusten oder mit Waffen angegriffen wird, da soll er friedlich im Geiste Jesu reagieren. Manch einer wird es erleben, dass Menschen einer anderen Religion eifriger und selbstbewusster, geschickter und erfolgreicher sind als er selbst.

Ursprünglich musste sich die Predigt von Jesus gegenüber vielerlei

religiösen Einstellungen bewähren

Als Jesus von Nazareth in Galiläa, Samaria und Judäa auftrat, hatte auch er es mit den unterschiedlichsten Gruppen zu tun und musste seinen Weg suchen und finden. Faszinierend ist es, wie Paulus, der Apostel, zwar zunächst „empört und erschüttert“ war, als er in der Stadt Athen mit eigenen Augen sah, „dass ihre Straßen von zahllosen Götterstatuen gesäumt waren“; dann aber trat er auf dem Areopag  zwischen den verschiedenen Altären beherzt auf, stellte sich sehr geschickt in seiner Rede auf diese Menschen ein und predigte ihnen von Jesus Christus (Apg 17,16-31). In 1.Kor 9,24-27 vergleicht Paulus das Christsein und seine missionarischen Bemühungen mit einem Wettlauf in einem Stadion, in dem viele nach Monaten und Jahren eines asketischen Lebens um den Siegespreis kämpfen.

Christen können sich in diesem Wettstreit nur in einer Weise engagieren, die dem Wesen Jesu Christi entspricht. Es sei hier an die Weisung des Apostels erinnert: „Verhaltet euch klug im Umgang mit denen, die nicht zur Gemeinde gehören. Wenn sich euch eine Gelegenheit bietet, dann macht davon Gebrauch. Eure Worte sollen immer freundlich und mit dem Salz der Weisheit gewürzt sein. Dann werdet ihr es auch verstehen, jedem, der mit euch redet, eine angemessene Antwort zu geben.“ (Kol 4,5f) Wo sie von ihrem eigenen Glauben überzeugt sind – und keiner sollte in vagen Glaubensvorstellungen stecken bleiben – , da können und sollen sie freundlich und fröhlich, dezent und geschickt erzählen, begründen und bezeugen, was Christus für sie getan hat.

Konkurrenz belebt das Geschäft! Menschen haben schon immer gerne ihre Kräfte im Wettstreit miteinander gemessen. Es ist nicht verkehrt, wenn glaubende und denkende Menschen – gleich welcher Richtung – um die Wahrheit ringen, sich dafür einsetzen, dass ihre Gemeinschaft eine große Ausstrahlung hat und selbstverständlich, so wie sie es vermögen, für Menschen in Not da sind. Dann wird jeder darauf achtgeben, wo Gedanken und Botschaften ihn überzeugen, was ihn am meisten beeindruckt, wo eine Gemeinschaft ihn annimmt, wie er die Hilfe, die er sucht, erfährt und wohin ihn sein innerer Kompass lenkt. Christen, gleich welcher Couleur, haben in Europa längst unwiederbringlich ihre Monopol-Stellung verloren. Die christliche Mission und die Da’wa des Islam stehen, je länger je mehr, in einem inneren Wettstreit miteinander.

 

 

 

[1] C. Rohrbach, Im Reich der Königin von Saba. Auf Karawanenwegen im Jemen, München 2005, 6. Auflage, S. 31f

[2] Muslimische Einladung zum Dialog, Dokumentation zum Brief der 138 Gelehrten (A Common Word“), Texte der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) Nr. 202 mit dem Abdruck des Briefes (in der Übersetzung von Abd al-Hafidh Wentzel) und zwölf Stellungnahmen, hg. v. Friedmann Eißler, Berlin 2009, Friedmann Eißler, Vorwort, S.3

[3] Barnabas Fund, Antwort auf den offenen Brief und Aufruf von religiösen Führern der Muslime an die religiösen Führer der Christen vom 13. Oktober 2007, EZW 202, S.51-60, S.51f

[4] EZW 202, S. 8

[5] C. Troll, SJ, Irenische Interpretationen?, eine Analyse des ‚Briefs der 138 Muslime‘, Quelle: Herder Korrespondenz 8/2008, EZW 202, S. 68-75, S. 69:

[6] „Brief der 138 Gelehrten“, EZW-Texte, S. 17f

[7] Hadith Nr. 13, EZW 202, S. 18.30

[8] „Brief der 138 Gelehrten“, EZW-Texte 202, 17f

[9] EZW-Texte 202, S. 34f

[10] Ebd.

[11] Barnabas Fund, Antwort auf den offenen Brief und Aufruf von religiösen Führern der Muslime an die religiösen Führer der Christen vom 13. Okt. 2007, EZW Texte 202, S. 51-60, S. 53

[12] EZW-Texte 202, S.71

[13] EZW-Texte 202, S. 70

[14] Samir Khalil Samir, SJ, Der Brief von 138 muslimischen Führer an den Papst und christliche Führer, EZW-Texte 202, S. 61-67, S. 63.

[15] EZW-Texte 202, S. 19

[16] EZW-Texte 202, S. 75

[17]Internationale Konferenz Bekennender Gemeinschaften (IKBG), Zum Brief von 138 muslimischen Gelehrten an Papst Benedikt XVI. und die ganze Christenheit, EZW-Texte 202, S.80-87. S.84

[18] EZW-Texte 202, S. 32

[19] EZW-Texte 202, S.82

[20] EZW-Texte 202, S.82

[21] EZW-Texte 202, S.74

[22] EZW-Texte 202, S. 10 + 19

[23] Friedmann Eißler, Einleitung, EZW 202, S.5-15, S.10f

[24] Ayaan Hirsi Ali, Ich klage an, Plädoyer für die Befreiung der muslimischen Frauen, München 2005, S. 45

[25] Weltweite Evangelische Allianz (WEA), Auch wir wollen in Liebe, Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit leben, eine Antwort auf  „A Common Word Between Us and You, EZW-Texte 202, S. 93-98, S. 94

[26] Mor Eustathius Matta Roham, Erzbischof von Mesopotamien und Euphrat, Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien, eine Antwort auf den Brief der 138 hochgeschätzten islamischen Gelehrten, EZW-Texte 202, 76-79,S.76

[27] Georg F. Vicedom, Missio Dei, Einführung in eine Theologie der Mission I, München 1960

[28] P. Stuhlmacher, Der Zeugnisauftrag der Gemeinde Jesu Christi, theologische beiträge 2000-4, hg. v. K. Haacker, H.P. Hempelmann u. G. Hennig, S. 174-185, S. 179f

[29] A.a.O., S. 181

[30] Weltweite Evangelische Allianz, EZW-Texte 202, S. 97

[31] A. Hauser, in einem vervielfältigten Text, Korntal, 27.02 2005, S.2f

[32] s. Religionen, Religiosität und christlicher Glaube, eine Studie, hg.  im Auftrag der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche in Deutschland (VELKD) und der Arnoldshainer Konferenz, Gütersloh 1991, S. 26

[33] Von Lausanne nach Kapstadt, der dritte Kongress für Weltevangelisation, hg. v. B. Winterhoff, M. Herbst,

  1. Harder, Neukirchen-Vluyn 2012

[34] Vgl. Carsten Polenz, Islam im Internet, Institut für Islamfragen (IFI), Sonderdruck Nr 10