Die Geschichte, von der die Bibel auf unnachahmliche Weise Zeugnis ablegt, ist von einer ganz besonderen Spannung geprägt. Hier wird beschrieben, wie sich Gott auf ein Volk konzentriert, das Volk Israel, wie er jeweils neu Einzelne erwählt und wie er seinem Volk treu bleibt, das ihm wichtig ist wie sein eigener Augapfel (5. Mose 32,10). Zugleich aber ist immer die Weite der Völkerwelt im Blick.
Die Spannung zwischen Gottes Liebe zum Einzelnen auf der einen Seite und seiner Liebe zur Welt auf der anderen lässt sich bereits an der Berufungsgeschichte des Abraham zeigen. Abraham stammt aus Chaldäa im Zweistromland. Er hört den Ruf Gottes: „Geh aus deinem Vaterland und von deiner Verwandtschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das ich dir zeigen will. Und ich will dich zum großen Volk machen.“ (1. Mose 12,1f) Der Ruf Gottes endet aber dann mit dem Satz: „In dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden.“ (V.3) Viele Male sucht Gott sich Einzelne, bis hin zu Jesus von Nazareth, bei dessen Taufe am Jordan eine Stimme vom Himmel ruft: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe.“ (Mt 3,17)
Jesus, gesandt zu seinem eigenen Volk und doch ausgerichtet auf die Welt
Jesus wurde als ein jüdisches Kind in eine jüdische Familie mit langer Tradition geboren. Es wuchs in der nördlichen Provinz des Landes Palästina, in Galiläa, auf. Sehr betont sagt Jesus einmal von sich: „Ich bin nur gesandt zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel.“ (Mt 15,24) Jesus und seine Jünger hatten die nördliche Grenze Galiläas überschritten und waren im Nachbarland in das Gebiet rund um die Städte Tyrus und Sidon gegangen. Da tauchte dort eine kanaanäische Frau auf, also eine Nicht-Jüdin. Sie bittet mit großer Intensität, Jesus möge ihre kranke Tochter heilen. Zunächst reagiert Jesus gar nicht. Auf das Drängen seiner Jünger verweist er dann auf die Grenzen seiner Sendung und wehrt so die fremde Frau ab.
Am Ende eines imponierenden Disputes, den diese Frau dann mit Jesus führt, lässt er sich von dem Glauben dieser Frau überwinden und heilt dann doch ihre Tochter (V.28). Was Jesus hier jenseits der Grenze Palästinas tut, ist eine Ausnahme; zugleich aber deutet sich hier an, dass Gott bei dem, was er durch Jesus tut, nicht nur sein Volk Israel im Blick hat.
Erst am Ende seines irdischen Weges vor seiner Himmelfahrt weist Jesus seine Jünger in die Weite des Erdkreises und sagt: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Darum machet zu Jüngern alle Völker.“ (Mt 28,18f)
Staatsbürger in meinem Land und Glied der Menschheit
Jeder möge für sich zu beschreiben versuchen, in welcher Weise er gegenüber dem Volk, in dem er beheimatet ist, treu sein möchte und verlässlicher Staatsbürger ist und inwiefern er darüber hinaus ein Glied der Menschheit ist, die auf diesem Planeten Erde lebt. Außer Acht lassen darf ein Christ es nicht, dass er eines Tages entdeckt, inwiefern auch für ihn gilt: „Wir aber sind Bürger im Himmel.“ (Phil 3,20)
Ich wurde 13 Monate nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges im zerbombten Berlin geboren, genauer im sowjetisch besetzten Sektor, in Berlin-Weißensee. Gewohnt haben meine Eltern, mein älterer Bruder und ich in Berlin-Prenzlauer Berg. Es war also noch nicht lange her, dass die Alliierten die Gewaltherrschaft Hitlers und der Nationalsozialisten niedergerungen und die deutsche Bevölkerung von ihr befreit haben. Mein Land hat über viele Länder Europas und darüber hinaus über Länder in der weiten Welt schreckliches Elend gebracht; dann im Krieg und in den ersten Nachkriegsjahren erlebte es selbst Katastrophales.
Aufgewachsen bin ich aber nicht hinter dem „Eisernen Vorhang“, sondern im Westen Deutschlands. So habe ich als Kind, als Jugendlicher und inzwischen viele Jahre als erwachsener Mensch die 1949 gegründete Bundesrepublik Deutschland als mein Land erlebt. Von der Verabschiedung des Grundgesetzes am 23. Mai 1949 an ist unser Land eine freiheitliche Demokratie, dazu ein verlässlicher Rechtsstaat. Seit mehr als 70 Jahren wird in unserem Land darum gerungen, dass das soziale Miteinander besser und besser wird. Unser Staat achtet auf seine Sicherheit und hat also in seinen Bundesländern die Polizei und auf Bundesebene das Bundeskriminalamt, den Bundesnachrichtendienst und das Bundesverfassungsgericht. Besonders zwischen 1950 und 1960 erlebte es einen Wirtschaftsaufschwung, der beachtlich ist und der sich trotz mancher Krisen bis heute fortsetzt.
Erstaunlich bald wurde unser Land trotz seiner abgründigen Vergangenheit ein zunächst in der westlichen Welt, dann weltweit geachteter Staat. Dadurch dass es vierzig Jahre zwei deutsche Staaten gab und wir die Spannungen des Ost-West-Konfliktes ertragen mussten, war das Leben belastet. Umso erstaunlicher war die friedliche Revolution in den Städten der zu Ende gehenden „Deutschen Demokratischen Republik“, die von den Friedensgebeten in den Kirchen ausgelöst wurde, zur Öffnung der Mauer am 9. November 1989 und dann am 3. Oktober 1990 zur Wiedervereinigung der „DDR“ und der BRD führte. Viele haben da mit voller Überzeugung gesungen: „Großer Gott wir loben dich!“ Welches andere Land hat eine solche friedliche Revolution erlebt? An keiner Stelle wurde geschossen, gesprengt und Blut vergossen!
Der Blick für andere Völker
Dies ist mein Land. Zugleich war meine Kindheit und Jugend davon geprägt, dass ich andere Länder und die Gastfreundschaft der Menschen dort kennenlernen konnte, in der Schweiz, in Holland, in der „DDR“, auch in Frankreich und in Dänemark. Ein Global Player bin ich nicht geworden. Aber durch Reisen unter anderem nach Skandinavien und in die USA, nach Israel und nach Peru, in die Tschechoslowakei und nach Spanien habe ich andere Länder, ihre Menschen und die Christen unter ihnen kennen gelernt.
Besonders wichtig ist mir der über 30 Jahre dauernde Kontakt zu einer jüdischen Frau aus Ungarn, die nach Auschwitz verschleppt wurde, sich aber beim Wäschetransport aus dem Lager hinaus schmuggeln lassen konnte. So hat sie dieses Vernichtungslager überlebt. Sie wohnte dann zusammen mit ihrem Mann Jahre lang in der UdSSR und wanderte 1973 nach Israel aus. Dort lernte ich dieses Ehepaar 1979 kennen. Bis zum Tode ihres Mannes 1988 und bis zu dem Tod der Frau 2016 habe ich mit ihnen einen freundschaftlichen Kontakt gepflegt.
Vor 44 Jahren bin ich Humberto aus Peru begegnet. Seitdem sind wir Freunde. Er war zunächst Missionar unter Studenten, bildete sich aber fort und promovierte in England über ein Thema aus der Entwicklungshilfe. Seit langem ist er Professor an der Theologischen Hochschule seiner Kirche, der Kirche er Nazarener, in Costa Rica. Ich bin Christen aus Freikirchen und aus Pfingstkirchen begegnet. Ich kann von intensiven Begegnungen und Freundschaften mit Christen aus der römisch-katholischen Kirche und aus Kirchen des Vorderen Orients erzählen. Ich habe es erlebt, wie Menschen aus anderen Ländern und Religionen auf mich zukamen und wir zu einander offen sein und freundschaftliche Kontakte knüpfen konnten. Seit mehreren Jahren stehe ich in einem lebhaften Kontakt mit einer koptischen Familie, die als Flüchtlinge aus Ägypten nach Deutschland gekommen sind.
Neben vielen Büchern von christlichen Theologen sind mir Bücher von Menschen anderer Religionen wichtig. Ich nenne Martin Bubers „Die Erzählungen der Chassidim“[1], dann Leo Baecks „Das Wesen des Judentums“[2]. Ein großes Leseerlebnis war für mich Elie Wiesels Autobiographie „Alle Flüsse fließen ins Meer“[3]. Dies und das habe ich von Pinchas Lapide gelesen; einmal bin ich ihm auf einer Tagung begegnet. Mich beeindruckt die große Achtung vor der Natur, in der wir leben, in der „Rede des Häuptlings Seattle vor dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika im Jahre 1855“ mit dem Titel „Wir sind ein Teil dieser Erde“[4], ganz gleich, wie dieses Ereignis historisch zu bewerten ist.
Ein weiteres Buch habe ich mit großer Achtung gelesen. Navid Kermani, aus einer persischen und muslimischen Familie stammend und in Siegen geboren und aufgewachsen, hat es geschrieben. Sein Titel lautet: „Ungläubiges Staunen“[5]. Kermani, nicht nur Orientalist, sondern auch Kunstgeschichtler, wendet sich 40 Werken christlicher Kunstgeschichte aus den vergangenen 500 Jahren zu, er beschreibt sie hingebungsvoll, er lässt sich auf die dargestellten biblischen Stoffe ein und bringt sie mit islamischen Vorstellungen ins Gespräch.
Deutschland – eins unter vielen Völkern der Erde, die es verdienen, geachtet zu werden
Ich schildere dies, um zu zeigen: Ich werde mir nie ein gediegenes Wissen über alle Religionen der Welt aneignen. Wer kann das schon? Ich fühle mich überfordert, wenn ich gegenüber allem und jedem tolerant sein soll. Aber ich habe das Meine versucht und tue es noch, Christen anderer Konfessionen zu begegnen; dazu möchte ich offen sein für jeden Menschen. Ich war und bin bereit, mit anderen Religionen vertraut zu werden.
Die „Kinderhymne“ von Bert Brecht kann ich nachsprechen:
„Anmut sparet nicht noch Mühe / Leidenschaft nicht noch Verstand /
Dass ein gutes Deutschland blühe / Wie ein andres gutes Land.
Dass die Völker nicht verbleichen / Wie vor einer Räuberin /
Sondern ihre Hände reichen / Uns wie andern Völkern hin.
Und nicht über und nicht unter / Andern Völkern wolln wir sein /
Von der See bis zu den Alpen / Von der Oder bis zum Rhein.
Und weil wir dies Land verbessern / Lieben und Beschirmen wir’s /
Und das liebste mag’s uns scheinen / So wie andern Völkern ihrs.“[6]
Hier gesteht Brecht, wie er selbst dabei mitwirken will, dass unser Land wächst, blüht und gedeiht. Zugleich aber ist er voller Achtung vor Menschen in anderen Ländern rund um den Erdball.
Mitten in der von Gott geliebten Welt
Noch viel, viel mehr aber möchte ich weltoffen und zugleich Menschen aus anderen Völkern gegenüber zur Begegnung bereit sein, weil Gottes Liebe die Welt umspannt (Joh 3,16). Er liebt jeden Menschen, der ein menschliches Angesicht trägt, der also Gottes Ebenbild Gottes ist (1. Mose 1,27). Sein Versöhnungswerk in Jesus Christus gilt Menschen aus allen Völkern des Erdballs gilt (2. Kor 5,19). Die Verheißungen Gottes gelten für die gesamte Menschheit. Eine christliche Gemeinde schließt jeden ein, der auf den Namen des dreifaltigen Gottes getauft wurde und der für diese Taufe dankbar ist.
Vor Jahren traf ich in meiner Gemeinde auf eine Gruppe von Russland-Deutschen. Sie hatten in ihrer Heimat zu einer Kirche gehört und wünschten jetzt, Mitglied meiner Gemeinde zu werden. Getauft waren sie, aber nicht konfirmiert. Ich habe mich mit ihnen mehrere Male getroffen und mit ihnen über das Gemeindeleben in ihrer Heimat und bei uns gesprochen. Dann habe ich sie in einem Gottesdienst meiner Gemeinde konfirmiert und sie so aufgenommen. Als Christen begegnen wir in unserem Land immer häufiger anderen Christen von den verschiedenen Kontinenten dieser Erde, die bisher in einer uns nicht vertrauten Kultur gelebt haben. Dass diese Christen, die getauft sind und zu dieser konkreten Gemeinde gehören möchten, sich hier nach ausführlichen Gesprächen herzlich aufgenommen werden, steht meiner Überzeugung nach außer Frage.
Seit Jahren gibt mir folgendes zu denken: Meine Eltern waren nicht arm und nicht reich. Mein Vater hatte ein regelmäßiges Einkommen; wir wuchsen als vier Brüder auf; da musste in der Familie auf jede Mark, die ausgegeben wurde, geachtet werden; unsere Mutter war besonders sparsam, auch deshalb, weil wir alle vier das Abitur machen und zur Universität gehen sollten und konnten. Und doch muss ich sagen: Wir haben – weltweit betrachtet – auf der Seite der Reichen und Wohlhabenden gelebt.
Die Diktatur, die unser Land bis kurz vor meiner Geburt erlebt hat, hat bis in unsere Zeit hinein ihre Auswirkungen. Aber unser Land ist politisch gesehen ein freies Land. Unsere Wissenschaftler gehören auf ihren Fachgebieten zu den Führenden in der Welt. Wirtschaftlich und militärisch stehen wir (noch) auf der Seite der Stärkeren. Wir hatten und haben teil an dem ständig wachsenden Wohlstand hier in der westlichen Welt. Viele hier im Land können sagen: Unserer Familie geht es so gut wie nie vorher.
Mitten in einer ungerechten Welt
Zugleich ist mir die Frage nach einem gerechteren Land und nach einer gerechteren Welt, die dazu mit der Natur weniger rabiat und viel achtsamer umgeht, seit mehr als fünfzig Jahren bewusst. Ich sehe, dass in unserem Land die Einkommen und der Besitz der Super-Reichen steigen und steigen und das Leben ärmerer Bevölkerungsschichten karger und karger werden. Durch Berichte und Bilder, durch Reportagen im Fernsehen und durch eigenes Erleben habe ich das Leben in noch weit größerer Armut in der weiten Welt vor Augen.
Seit Jahren nagen die Fragen in mir: Tue ich genug dafür, dass das Miteinander in der Welt gerechter wird? Hätte ich mehr spenden müssen, als ich gespendet habe? Wo habe ich Chancen, Menschen aus ärmeren Ländern zu begegnen und Freundschaft mit ihnen zu schließen, außer Acht gelassen?
War es möglich, dass wir uns in den Gemeinden, in denen ich Pfarrer war, trauten, eine noch tiefer gehende Partnerschaft mit Gemeinden in der Dritten Welt einzugehen? Hätte ich mich mehr für die Bereitschaft, friedlich miteinander umzugehen, engagieren müssen? War es von mir gefordert, noch mehr meinen Mund dafür aufzutun, dass Menschen weniger Raubbau an der Schöpfung betreiben? Musste und müsste ich noch ganz anders Stellung beziehen gegen die Atomkraft, gegen die Aufrüstung, gegen die Erderwärmung, gegen das Sterben der Arten in der Tier- und Pflanzenwelt, usw.? Was werden die Generationen meiner Nichten und Neffen und deren Kinder uns vorwerfen?
Gerade die bekannten Propheten des Volkes Israel haben auf vielfältige Art und Weise die sozialen Missstände unter den Menschen angeprangert. Sie haben so versucht, die Menschen, die an Jahwe, den Gott Israels glaubten, aufzurütteln, so dass sie ihren Blick nicht von den in Armut gestürzten Menschen abwendeten und begannen, ihnen zu helfen, wo sie nur konnten. Wenn wir uns von den Propheten des Volkes Israel inspirieren lassen, in welcher Weise haben wir zu dem ungerecht verteilten Reichtum in unserer Welt Stellung zu nehmen?
Wie die Völker in das neue Jerusalem einziehen
Hier am Ende dieses Kapitels kann und will ich diese Fragen nicht beantworten. Stattdessen möchte ich fünf Sätze aus dem vorletzten Kapitel der Bibel zitieren. Ich habe richtig aufgehorcht, als vor fast fünfzig Jahren während der „Internationalen Konferenz für Welt-Evangelisation“ in Lausanne einer der Referenten diese Stelle zitierte[7]. In der Vision vom „Neuen Jerusalem“ wird davon geredet, dass neben dem „Pantokrator“, dem allmächtigen Gott, Christus, das Lamm, steht. Die Herrlichkeit Gottes durchstrahlt die himmlische Stadt. Und dann wird verheißen: „Und die Völker werden wandeln in ihrem Licht; und die Könige auf Erden werden ihre Herrlichkeit in sie bringen. Und ihre Tore werden nicht verschlossen am Tage; denn da wird keine Nacht sein. Und man wird die Herrlichkeit und die Ehre der Völker in sie bringen.“ (Offb 21,24-26)
Dies steht nicht einfach so unvermittelt in der Bibel. Es ist von langer Hand vorbereitet. Man lese nur Ps 72,10f und Jes 2,3f. Ich zitiere aus Jes 60: „Die Völker werden zu deinem Lichte ziehen und die Könige zum Glanze, der über dir aufgeht. … Dein Herz wird erbeben und weit werden, wenn sie die Schätze der Völker am Meer zu dir kehren und der Reichtum der Völker zu dir kommt. … Sie werden aus Saba kommen, Gold und Weihrauch bringen und des Herrn Lob verkündigen.“ (V.3.5.6) Die Ausleger sprechen hier von der Völkerwallfahrt nach Zion, also in die Stadt Jerusalem auf dem judäischen Gebirge dort in Palästina.
In Offb 21 aber wird das neue Jerusalem verheißen, das vom Himmel herab kommt. Die Könige hier sind Symbolgestalten ihrer Völker. Von allen Himmelsrichtungen werden sie kommen und von allen Kontinenten. Kein Volk steht über dem anderen; keins ist mehr unterdrückt. Von jedem Volk wird herbei gebracht, was es an Hochgeschätztem und Schönem hervorgebracht hat. Eine Fülle sondergleichen wird zusammengetragen. Menschen aus allen Schichten und Völkern haben Zugang zum neuen, vollendeten, in seinem himmlischen Glanz erstrahlenden und mit so vielen Edelsteinen geschmückten Jerusalem. Jetzt ist Gott, der Vater Jesu Christi, „alles in allem“ (1. Kor 15,28) Und von allen Glaubenden, Hoffenden und Liebenden gilt, was Paulus in seinem Brief an die Philipper schreibt: „Wir aber sind Bürger im Himmel.“ (Phil 3,20)
Mit seinem eigenen Wort bürgt Gott dafür, dass am Ende nicht das traurige Verlöschen von allem steht. Wir leben nicht auf den katastrophalen Sturz in einen ungeheuren Abgrund zu. Und uns wird nicht vor Augen gemalt, wie unser Planet in den Weiten des Kosmos verglüht.
Nein, der Kirchenvater Aurelius Augustinus beschreibt in seinem Buch „Der Gottesstaat“ als Ziel von allem den ewigen Sabbat in erhebender Sprache: „Sein Ziel wird kein Abend sein, sondern der Herrentag als achter ewiger Tag, der durch Christi Auferstehung geheiligt ist. … Da werden wir feiern und schauen, schauen und lieben, lieben und preisen. Siehe, das wird das Ende sein. Denn was ist anderes unser Ziel, als zu dem Reiche hin zu gelangen, das kein Ende hat.“[8]
Impuls: Wie stehe ich zu dem Land, in dem ich geboren wurde? Mit welchen Ländern und Kontinenten bin ich vertraut? Und wieweit habe ich mich von den Menschen aus mir zunächst fremden Kulturen beeindrucken lassen?
[1] Martin Buber, Die Erzählungen der Chassidim, Zürich 1949
[2] Leo Baeck, Das Wesen des Judentums, 1. Auflage 1906; 4. Auflage 1925, 7. Auflage ohne Jahreszahl, Darmstadt
[3] Elie Wiesel, Alle Flüsse fließen ins Meer. Autobiographie, Hamburg 1955
[4] Wir sind ein Teil der Erde (Der Text dieser Ausgabe basiert auf einer vom amerikanischen Dichter William Arrowsmith adaptierten Fassung der Originalrede), 1982 Walter-Verlag Olten
[5] Navid Kermani, Ungläubiges Staunen. Über das Christentum, München 2015, 2. Auflage
[6] Die Gedichte von Bertold Brecht in einem Band, Frankfurt a. M, 1981, 3. Auflage, S. 977f
[7] Donald A McGavran, Die Dimensionen der Welt-Evangelisation, in: ”Let the earth hear his voice”, International Congress on World Evangelization, Lausanne, Switzerland, ed. by J.D. Douglas, Minneapolis, USA 1975, S. 94-107, S. 96
[8] A. Augustinus, Der Gottesstaat (= civitas dei), 3 Bände, in deutscher Sprache von C. J. Perl, Salzburg 1951, 2. Band, S. 581 (XXII. Buch, 30)